Grenzen

In der aktuellen Situation wird für Hilfsbereitschaft, Solidarität und Rücksichtnahme geworben. Wenn jedoch Staaten untereinander helfen wollen, wird dies auch in der Krise nicht immer nur gern gesehen.

China bietet in diesen Tagen vermehrt Hilfe für derzeit betroffene Staaten an. Doch die Reaktionen sind teils verhalten. Die Unterstützung ist für manche Länder unverzichtbar, da sie Engpässe bei der Schutzausrüstung und der Produktion der Corona-Tests haben. Doch im gleichen Atemzug wird auch sofort darauf hingewiesen, dass man zu Beginn der Pandemie ja auch China geholfen hätte. Auch werden immer wieder Stimmen laut, dass eine größere Transparenz seitens der chinesischen Regierung von Beginn an, schlimmeres vielleicht hätte verhindern können.

Auch Russland möchte Ärzte und Spezialisten entsenden. Je nach Intensität des Verlaufs in den jeweiligen Ländern reagiert man dort dankbar oder auch verhalten.

Denn Staaten, die sich auch in Friedenszeiten und ohne Corona schon misstrauisch beäugen und sich auch gegenseitig Anlass dazu gegeben haben, tun sich nun auch in der Krise schwer zu glauben, dass Hilfsbereitschaft das wirkliche Motiv ist.

China ist sich seiner Rolle in der Situation inzwischen sehr bewusst und vermutlich auch um Schadensbegrenzung für das eigene Image und die künftigen wirtschaftlichen Beziehungen bemüht. Der Ort des Ausbruchs dieser historische Situation wird in die Geschichtsbücher eingehen. Für die Zukunft muss man dort befürchten, dass das Vertrauen in China gestört ist und Länder ausgelagerte Wirtschaftszweige wieder näher zu sich holen werden. Das würde Chinas enormes Wachstum, welches schon vor der Krise zurück gegangen war, weiter schwächen. Nachdem der erste Versuch, andere Länder für die eigene Misere verantwortlich zu machen, gescheitert ist, besinnt man sich nun auf das Offensichtliche und schickt Materialien, die nach dem scheinbar abklingenden Verlauf in China dort weniger benötigt werden.

Der Mann mit der komischen Frisur aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat dagegen seinem speziellen Freund in Nordkorea Hilfe in der Not angeboten. Auch wenn man von dort bisher keine offiziellen Informationen über den Stand der Dinge bekommt, was in der Natur der Sache liegt. Vor Corona haben sich beide Seiten beharkt, bedroht und gegenseitig diskreditiert. Und so mag man auch jetzt nicht Recht glauben, dass Trump die Menschen in Nordkorea plötzlich so am Herzen liegen. Vielmehr hat der  US-Präsident in der aktuellen Situation einmal mehr bewiesen, dass sein Team die Situation nicht unter Kontrolle hat, sondern ein sehr erbärmliches Bild abgibt und vor den anstehenden Wahlen braucht er dringend noch einen durchschlagenden Erfolg für seine Kampagne, könnte man denken.

Auch Herr Putin hat Hilfe angeboten. Sonst eher als derjenige bekannt der sich abschottet, nicht gerade für internationale Teamfähigkeit steht und gern gegenüber Amerika und Europa die Muskeln spielen lässt. In den sozialen Medien hatte Russland lange versucht den Anschein zu wahren, dass Corona kein Thema sei. Das gelingt zunehmend nicht mehr und so fragt man sich auch hier, warum Russland nun Experten und Ärzte ins Epizentrum schicken will, statt im eigenen Land zu helfen. Auch wenn es wohl keiner so offen sagen mag, aber vermutlich um Erfahrungen zu sammeln und sich im Gegenzug Hilfe zu sichern, wenn die Krise auch Russland schlimm treffen sollte. Was durchaus möglich ist.

Ist das alles verwerflich? Darüber kann man vermutlich geteilter Meinung sein. Sicherlich ist momentan aber jede helfende Hand gefragt. Und einem Patienten, der um sein Leben kämpft wird es vollkommen egal sein, woher Ärzte und Medikamente kamen. Wissen und Erfahrungen sind in dieser für alle neuen Situation Macht und Werkzeug um weitere Ausbreitung und Schäden zu vermeiden. Und so muss sich die Politik nun auch fragen, ob man zumindest für den Augenblick die politischen Vorbehalte in den Hintergrund rückt und die Hilfe in den Vordergrund stellt. Vielleicht ist es naiv, aber wer weiß. Vielleicht hilft das Zusammenarbeiten in der Krise tatsächlich grenzüberschreitende Partnerschaften für die Zeit nach der Pandemie zu stärken. Und selbst wenn nicht, jedes gerettete Menschenleben sollte es doch Wert sein, für den Augenblick über den eigenen Schatten zu springen und die tatsächlichen Motive zum Wohle der Menschen in den Hintergrund zu stellen.

Viele Grüße aus Ruhr York

Pottnudel



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